Zahnabrieb beim Chinchilla, Meerschweinchen, Degu, Kaninchen & Co.
Für den Abrieb der Backenzähne ist die Beschäftigungsdauer mit der Futteraufnahme verantwortlich, nicht der Härtegrad des Futters. Je länger sich ein Nager oder Kaninchen der Futteraufnahme widmet, desto höher ist der Abnutzungseffekt der Backenzähne.
"Je länger die Tiere mit der Futteraufnahme (Abbeißen, Kauen, Zermahlen) beschäftigt sind, um so günstiger ist dies auch für die Zahnabnutzung (Zähne nutzen sich nur aneinander, und nicht am Futter ab)"
- Kamphues 2004
Der Schleifeffekt ist des Weiteren bei kristallreichen (z.B. kieselsäurereichen) Futtermitteln am höchsten. Zum Schutz gegen Parasiten, zum Wachstum etc. nehmen Pflanzen
Kieselsäure durch die Wurzeln aus dem Boden auf, welche beim Kauen wie Schmirgelpapier auf die Backenzähne wirkt.
Kieselsäure ist in großer Menge im Grünfutter enthalten (hier nochmal insbesondere u.a. in Ackerschachtelhalm oder frischem Gras), aber auch in Vollkorngetreide oder Hirse, Früchte und Gemüse.
Zudem stärkt Kieselsäure, ebenfalls Silizium genannt, das Bindegewebe, kräftigt Zähne, Knochen, Krallen, Haut sowie Gelenk-Knorpel, wirkt sogar der Tumorenbildung vor.
"Je gröber das Futter und/oder je länger die Struktur der pflanzlichen Fasern, umso höher ist der für die Futteraufnahme benötigte Zeitaufwand. Je mehr Zeit auf das Fressen verwendet wird, umso besser sind die Abnutzung der Zähne und die Nutzung des Magen-Darm-Trakts und umso geringer ist die Langeweile."
- Dr. Jutta Hein
Buntfutter (= Extrudate, meist Teil des Mischfutters) aus der Zoohandlung und andere harte kommerzielle Futtermittel wie manche Pellets (z.B. Bunny) können sogar zu Schäden an den Zähnen und Kieferknochen führen und Zahnfleischentzündungen verursachen, denn statt hier eine Mahlbewegung auszuführen (Faserkost wird lange zermahlen), wird das Futter geknackt. An das „Knacken“ ist das Nager- und Kaninchengebiss physiologisch gesehen nicht angepasst. Anderes käufliches Fertigfutter wie bestimmte Pelletsorten (Ovator, Berkel, JR Farm etc.), aber auch das früher oft empfohlene getrocknete Brot hingegen müssen mit nur 1-3 Knack- und Kaubewegungen zerkleinert werden, werden sogleich in Verbindung mit dem Speichel zum Brei und werden anschließend schnell heruntergeschluckt. In Verbindung mit der hohen Energiedichte und fehlender oder mangelhafter Struktur (machen schnell satt und müssen nicht intensiv zermahlen werden!) tragen sie kaum zum Zahnabrieb bei bzw. wirken sich auf diesen sogar negativ aus (Chins fressen automatisch weniger Rau- und Grünfutter).
Des Weiteren schleifen Nager und Kaninchen ihre Zähne selbstständig ab, indem sie in Ruhephasen Mahlbewegungen mit den Zähnen vollziehen (dieses leise Mahlen kann jeder Halter ab
und an selber beobachten und hören). Das Phänomen dient der „Zahnkorrektur“, kleinere Spitzen und Unebenheiten werden so ausgeglichen. Wird das Tier jedoch von Grund auf falsch ernährt, so kann
er sich nicht mehr selbstständig helfen, Zahnanomalien sind die Folge.
Die Schneidezähne werden auf die gleiche Art und Weise abgeschliffen wie die Backenzähne und nicht, wie oft behauptet, durch das Nagen. Dennoch ist es nicht verkehrt Zweige,
Äste, Rinde, Korke und Einrichtungsgegenstände aus Holz anzubieten, damit die Tiere diese benagen können. Jede Kauaktivität, also auch das Nagen, fördert den Zahnabrieb und das seelische
Wohlbefinden.
Nagesteine aus der Zoohandlung dienen zwar zum Teil dem Schneidezahnabrieb, jedoch sind sie anderweitig gesundheitsschädlich (zu hart = erhöhter Druck auf die Zahnwurzeln; zu viel synthetishes
Kalzium etc.) und sollten auf keinen Fall angeboten werden! Eine Ausnahme bilden Nagesteine aus natürlichen Bestandteilen wie Lehm.
"Die Abnutzung der Schneidezähne erfolgt zum größten Teil durch Abnutzung aneinander beim Nagen und Kauen und nicht, wie häufig fälschlicherweise vermutet, durch
Abrieb an benagten Gegenständen. Insofern ist das Angebot von Material zum Nagen zwar nützlich, um das Nagen zu fördern, mit einem härteren Material wird aber keine deutlich stärkere Abnutzung
erreicht (z. B. Nagestein).
Im Normalfall entspricht die Abnutzung der Zähne dem Wachstum. Dadurch wird die Zahnlänge in etwa gleichgehalten. Das funktioniert aber nur, wenn eine
ausreichende Kautätigkeit vorhanden ist."
- Schreyer 2009
Um eine optimale Zahnabnutzung zu gewährleisten, müssen Nagetiere in aller erster Linie mit karger Kost ernährt werden, zu der insbesondere Grünfutter zählt. Hierbei sollte je nach Tierart und
Saison sowohl trockenes als auch frisches Grünfutter angeboten werden.
Von solch einem Futter können die Tiere während ihrer Aktivitätszeit sehr große Mengen zu sich nehmen, was die gesamte Verdauung in Schwung hält, die Zähne abschleift und Verhaltensstörungen
vorbeugt, denn neben dem Schlafen und Ruhen sind Chinchillas und andere Kleintiere in der Natur die meiste Zeit mit der Futtersuche und -aufnahme beschäftigt. Fehlt die Beschäftigungsart, so kann
es aufgrund von Langeweile und den fehlenden Futterreizen schneller zu Verhaltensanomalien wie Fellbeißen, Gitternagen oder Aggressionen kommen.
Verschiedenes Rau- und Grünfutter in Form von Gräsern (Heu = getrocknete Wiese), Kräutern, Blattgemüse, Blüten, Zweigen, Rinde,
Blättern, Wurzeln, Moos und anderen grünen Pflanzenteilen sollten Nagern und Kaninchen stets zur Verfügung stehen (ad libitum-Angebot), um die Tiere möglichst naturnah zu ernähren und um so
ernährungsbasierten Erkrankungen (v.a. Zahnerkrankungen) vorzubeugen. Frische Früchte sowie frisches
Knoll- und Wurzelgemüse bilden eine gesunde Ergänzung zum Grünfutter.
Kraftfutter wird von gesunden, ausgewachsenen Tieren ohne Mehrbedarf nicht benötigt! Ausführliches dazu siehe hier.
Tipp: Grundlagen zur gesunden Chinchillaernährung