"Standard"vorgehen beim Vergesellschaften

Vorab ist es wichtig zu betonen, dass jedes Tier ein Individuum ist und auch diese Vergesellschaftungsmethode nicht für jedes Chinchilla geeignet ist! Sollten Probleme auftauchen, sollte man einen erfahrenen Halter kontaktieren, der einen beim Vergesellschaften begleitet – entweder vor Ort oder zumindest telefonisch oder im Chat.

 

Manche Chinchillas wurden bereits zu oft oder nach fehlgeschlagenen VGs zu kurz hintereinander vergesellschaftet oder haben durch fehlendes oder falsches Vergesellschaftungsvorgehen Traumata davon getragen. Dadurch erschwert sich eine Zusammenführung, die Standardmethode greift hier oftmals nicht. Entweder muss sie dann abgewandelt und angepasst werden oder man muss auf eine ganz andere Methode zurückgreifen. Hier wiederum existiert kein Standardvorgehen, man muss angepasst an die Tiere individuell entscheiden (kurze Katzenbox- oder Meerschweinchenkäfigaufenthalte, kurze Auslaufphasen, offener Meerschweinchenkäfig gepaart mit Auslauf, Box mit Auslauf, Käfig-an-Käfig (selten) und viele andere Varianten...)

 

Die gute Nachricht lautet: schätzungsweise bei 80-90% der Vergesellschaftungen greift die Standardmethode!

 

Es ist zudem wichtig, dass man als Halter keine Angst vor der Zusammenführung hat, denn diese überträgt sich auf die Tiere. Zudem hemmt sie unser Beurteilungs- und Entscheidungsvermögen. Natürlich sollte man sich vorab informieren z.B. darüber, welches Verhalten beim Vergesellschaften normal ist und bei welchem man eingreifen sollte. Dennoch gibt es keinen Grund, Angst zu haben. Leider erleben wir immer wieder, dass sich Halter total verrückt machen und sich sogar schon im Voraus gar keine Vergesellschaftung (zu-)trauen, obwohl die Voraussetzungen dafür gut sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Schlimmes beim Zusammenführen passiert, ist sehr gering! Im allerschlimmsten Fall beißen sich die Tiere, man geht dazwischen, trennt sie und muss zur Wundversorgung zum Tierarzt (kleinere Wunden kann man gut selber behandeln). Dass ein Tier getötet wird passiert nie, wenn man ständig dabei bleibt, auf das Verhalten der Tiere achtet, seinem Gefühl vertraut und sich vorab über das Vorgehen informiert. Lest euch bitte folgenden Link dazu gut durch: Grundlageninformationen zur Vergesellschaftung

 

Hat man sich in die Thematik eingelesen, ist der Zeitpunkt gekommen, sich das notwendige Zubehör anzuschaffen:

  • Katzentransportbox (KEINE kleinere Box: Die Tiere sollen sich bewegen und aufrichten können, sie sollen nicht in ihren Ausscheidungen sitzen und auch keine Panik bekommen)
  • Meerschweinchenkäfig
  • eine kleinere, offene Schüssel als Sandbad für die Box (Salatschüssel, Pflanzentopf, Waagenschale...)
  • eine große, offene Badeschüssel für den Meerschweinchenkäfig
  • Wasser- und Futternapf für den Meerikäfig
  • Badesand

Wir empfehlen jedem Halter eine Katzentransportbox zu kaufen, da man diese immer wieder benötigen kann (Tierarztbesuch, Umzug etc.) und sich die Anschaffung einfach lohnt. Auch ein Meerschweinchenkäfig ist immer sinnvoll z.B. für Quarantäne oder wenn sich Tiere zerstreiten und man diese trennen muss. Und eben zum Vergesellschaften selbst.

 

1. Phase: Der Katzentransportbox-Aufenthalt

In die Katzenbox kommt Einstreu oder eine Fleecedecke rein, Futter, bei längerem Aufenthalt eine Wassernippeltränke, welche am Gitter befestigt wird und ein kleines Sandbad, welches für den Stressabbau und als Treffort sehr hilfreich ist. Man platziert dieses entweder ganz vorne am Gitter oder hinten in der Box. Alternativ kann man auch den gesamten Boden der Box mit Sand einstreuen. Allerdings sollte man hierbei darauf achten, dass die Tiere sich nicht in ihrem Urin wälzen müssen, wenn viel gepinkelt wird. Ich bevorzuge das Anbieten eines separaten Sandbads.

 

Anschließend werden die Tiere kurz hintereinander in die Box getan und die Box geschlossen.

 

Manche Chins gehen sofort aufeinander los, dann sollte man abbrechen.

 

Wenn das nicht der Fall ist, wartet man ab und beobachtet die Tiere. Womöglich werden sie sich anpinkeln, mit den Zähnen klappern, sich aufstellen und gegenseitig bedrohen, meckern etc. Früher oder später kommt das Klären der Rangordnung. Dabei besteigen sich die Tiere und putzen sich, teilweise ziemlich wild, gegenseitig. Ist die Rangordnung erfolgreich geklärt, herrscht weitestgehend Ruhe, zwischendurch meckert vielleicht ein Tier noch. Vielleicht besteigen sich die Tiere noch ein wenig weiter. Insgesamt herrscht jedoch Ruhe, die Tiere essen zusammen, kuscheln oder nehmen gemeinsame Ausbruchsversuche vor.

 

Es kann leider vorkommen, dass die Rangordnung nicht geklärt werden kann. Man merkt es daran, dass immer wieder Unruhe herrscht, die Tiere sich auf ihre Hinterbeine aufstellen, sich bedrohen und immer wieder aufreiten (!). Ist das auch noch nach Stunden der Fall, macht es leider keinen Sinn, die Zusammenführung fortzuführen. Die Tiere passen einfach nicht zueinander.

 

Wie lange sollen die Nager nun in der Box bleiben?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Als Richtlinie möchten wir minimum 2 Stunden und maximal 12h angeben. Länger sollte es jedoch nicht sein! Ein längerer Aufenthalt bringt auch nichts, denn Zuneigung kann man nicht erzwingen. Entweder verstehen sich die Tiere oder eben nicht. Ob sie nun 12 oder 24h in der Box bleiben: Es ändert an ihrer Anti- bzw. Sympathie nichts, es stresst die Tiere bloß sehr.

Ob die Chins nun 2 oder 12h drin bleiben, entscheidet man also individuell. Hat man als Halter ein gutes Gefühl, kann man die Tiere in den Meerschweinchenkäfig umsetzen. Sollte es dort Zickereien geben, kann man die Tiere zurück in die Box setzen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass man die Tiere erst umsetzt, nachdem die Rangordnung bereits geklärt wurde und insgesamt Frieden und Ruhe zwischen den Tieren herrscht.

Manchmal kommt es vor, dass die Tiere nach einer bestimmten Zeit unruhig werden, weil sie zu lange in der Box sitzen und die Nase voll haben. Dann kann das Verhalten mitunter in gegenseitige Aggressionen als Ventil umschlagen, wenn man mit dem Umsetzen zu lange wartet.

 

 

2. Phase: Der Meerschweinchenkäfig-Aufenthalt

Der Käfig sollte zwischen 80 und 120cm sein, bestenfalls jedoch 1m breit. In einer Ecke sollte man ein größeres offenes Sandbad platzieren, in dem gerne gemeinsam gekuschelt wird und welches zum Stressabbau dient und somit die Vergesellschaftung fördert. Auch ein Versteck (Haus, Unterstand, Korkröhre) mit mindestens 2 Ein-/Ausgängen sollte angeboten werden. Manchmal streiten sich die Chinchillas wegen des Verstecks, dann sollte es natürlich wieder entfernt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder angeboten werden.

Zeitgleich werden die Tiere nun in den Käfig getan. Hier kann es kurz zu erneutem Aufreiten und andere Rangordnungsgebärden kommen, die sich jedoch im Rahmen halten müssen. Wird plötzlich gejagt, gestritten, gebissen oder die Tiere sitzen stets(!) auseinander und sind nie beieinander, meckern wenn sich der Partner nähert etc., sollte man die Tiere nochmal zurück in die Box tun.

Wie lange die Nager im Meerschweinchenkäfig bleiben, ist erneut ganz individuell und variiert zwischen 1 Tag und 2 Wochen. Hat man als Halter ein gutes Gefühl und es herrscht im Meerikäfig absolute Ruhe und die Tiere schlafen auch miteinander, kann man den Umzug in den Hauptkäfig probieren.

 

3. Phase: Das Umsetzen in den Hauptkäfig

Idealerweise handelt es sich beim Hauptkäfig um ein für alle Tiere neurales Gehege. Das ist allerdings meist nicht der Fall, mindestens eines der Chins kennt es bereits. Dann muss man das Gehege komplett reinigen und mit einer Apfelessigessenz auswischen. Man entfernt die Einrichtung und stellt in den Käfig erst einmal bloß das Sandbad, Futternäpfe, Wasserschale und das Versteck aus dem Meerschweinchenkäfig rein. Gerne angenommen und ebenfalls hilfreich beim Stressabbau ist das Anbieten eines Lauftellers oder Laufrads, welches ebenfalls gründlich abgewaschen werden sollte. Selbstverständlich muss der Halter auch beim Umsetzen in den Hauptkäfig stets dabei sein und die Tiere beobachten, um rechtzeitig einzugreifen! Bei diesem Schritt kann es passieren, dass sich plötzlich gejagt wird, was sofort unterbunden werden muss, indem man die Tiere zurück in den Meerschweinchenkäfig setzt. Es kann unter Umständen jedoch auch hilfreich sein, die Tür des Käfigs eine Weile oder vorerst sogar dauerhaft zu öffnen und den Tieren die Möglichkeit zu geben, in den Auslauf zu gehen. Hier richtet man sich nach seinem Gefühl und den Tieren. Treffen die Chins dabei immer wieder friedlich im Käfig aufeinander, kann man die Tür des Geheges wieder schließen.

Ist die erste Nacht im Hauptgehege friedlich überstanden, kann man am 2. Tag zwei bis drei weitere Einrichtungsgegenstände reinstellen, am Folgetag dann noch mehr. Bitte alles immer mit der Essigessenz waschen oder neue Sachen geben.

Wann die neu zusammengesetzte Gruppe Auslauf bekommen kann, ist ganz unterschiedlich, in der Regel nach ca. 2 Wochen des friedlichen Zusammenlebens im Käfig. Nur vereinzelt gibt es stark territorial ausgerichtete Tiere, die dann im Auslauf auf die neuen Partner losgehen. In solch einem Fall ist der Auslauf sofort zu beenden und die Tiere müssen zurück in den Käfig. Geht der Streit dort weiter, muss man die Nager unter Umständen für ein paar Stunden in die Box oder den Meerschweinchenkäfig setzen.

 

Wichtig: Jagereien, ob im Meerschweinchen-, Hauptkäfig oder Auslauf, sind sofort zu unterbinden! Sie können sich schnell zu einem ernsthaften Streit hochschaukeln, nach dem sich die Tiere schlimmstenfalls nie wieder verstehen!