Ernährung der Wildchinchillas

Eindrücke direkt aus dem Reservat

Aktuelles (Haupt-)Habitat:

Studie von Cortes et al (2002)

Allgemeines zum Fressverhalten

Chinchillas ernähren sich in ihrer Heimat von einer Vielzahl an Pflanzen. Laut der Studie von A. Cortes et al. (2002) nutzen sie bewiesenermaßen mindestens über die Hälfte der in ihrem Gebiet wachsenden Flora als Nahrung. In erster Linie wird die Gramineen-Art Nasella chilensis (= Süßgras-Sorte) als Hauptfutter-Komponente genutzt. Weiteres anhand des Kots ermitteltes Pflanzenmaterial setzte sich aus Sukkulenten (d.h. flüssigkeitspeichernde Pflanzen), anderen Gräsern, diversen Sträuchern und krautigen Pflanzen sowie einer geringfügigen Menge an Sämereien (0-4%) zusammen.

 

Die Untersuchung des Nahrungsverhaltens des Chinchillas zeigt, dass dieses nicht nur stark in den verschiedenen Jahreszeiten und Standorten, sondern ebenfalls in den einzelnen Jahren variiert. So zeigt sich, dass in Jahren mit hohem Niederschlagsanteil, Kräuter den Hauptteil der bevorzugten Nahrung ausmachen, gefolgt von Büschen und Sträuchern. In feuchten Jahren umfasst die Palette, der zur Verfügung stehenden Pflanzen, ca. 21 verschiedene Arten. In niederschlagsreicheren, milden Jahreszeit (Winter) ernähren sich Chinchillas von mehr Frischfutter im Gegensatz zum trockenen Sommer, in dem mehr Vertrocknetes und Saaten zu sich genommen werden.

 

Man kann mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass die Vielfalt der Pflanzen, die von den Chinchillas gefressen werden, weitaus größer ist als angenommen. Es muss beachtet werden, dass in der Studie von Cortes einige pflanzliche Fasern und anderes Pflanzenmaterial, das im Kot der wildlebenden Chinchillas gefunden wurde, nicht identifiziert werden konnte. Und: Die Studie bezog sich nur auf Wildchinchillas, die im nationalen Chinchilla-Reservat leben, welcher angelegt wurde um die Chinchillas vor der Ausrottung in freier Wildbahn zu schützen. Frühere ursprüngliche und andere aktuelle Habitate blieben in der Studie außer Betracht. Eine weitere Problematik findet man in der Struktur der Pflanzen: Während Früchte und Saaten fast vollständig verdaut werden können und so kaum mehr im Kot nachzuweisen sind, sind andere Pflanzenorgane durch ihren höheren unverdaulichen Fasergehalt im Kot überrepräsentiert. So erwähnt Serra (1979) eine Vorliebe der Wildchinchillas für Früchte, was in der Cortes-Kotstudie aufgrund der oben angesprochenen Schwierigkeit nicht bestätigt werden konnte.

 

Insgesamt gelten Chinchillas, das sieht man anhand aller bisherigen Studien, als Futtergeneralisten, da sie sich enorm gut an die vorhandene Flora bzw. das gegebene Futterangebot anpassen können.

 

Die folgenden Untersuchungsergebnisse würden erklären, warum das Ernährungsverhalten stark von den Jahreszeiten abhängig ist.

 

Einige Pflanzen, die von freilebenden Chinchillas gefressen werden, wurden auf ihre Nährstoffe hin untersucht. So haben Heliotropium stenophyllum mit 19, 79 % der Trockenmasse, Flourensia thurifera 13,21 % und Bacharis linearis in den Herbstmonaten den höchsten Gehalt von Calcium und Phosphor. Bridgesia incisaefolia zeigt vom Herbst bis in den Frühling hinein die höchste Konzentration vom Calcium und Phospor. Den höchsten Proteingehalt wurde in der Cordia decandra und der Liagunoa glandulosa vom Frühjahr bis in den Herbst festgestellt. Ephedra andina und Cordia decandra zeigen im Frühjahr und im Herbst die höchsten Werte an Calcium. Lobelia polyphylla Hook et Am. und Flourensia thurifera erreichen im Herbst den höchsten Gehalt an Phosphor. S. incisaefolia und Lobelia polyphylla Hook et Am. erreichen 57,4 und 56,37% Pflanzenfasern bzw. bestimmte Säuren. Den höchsten Wert an Pflanzenfasern haben Nassella chilensis und Stipa plumosa. Ein Rückgang von Cellulose und Lignin (d.i. ein organischer Stoff der sich in der Zellwand einlagert und die Verholzung der Zelle bewirkt) wurde bei den meisten Arten im Frühjahr festgestellt.

 

Diese Schwankungen bestimmter Inhaltsstoffe könnten das Chinchilla mit dazu veranlassen, sich zu verschiedenen Jahreszeiten bevorzugt von den unterschiedlichsten Pflanzen zu ernähren, um ihren Bedarf an Nährstoffen zu decken.

(c) Autoren: D. Jünemann und A. Handermann

Übersicht der Futterpflanzen, die von Cortes et al ermittelt wurden:

 

Sträucher:

Nativer und wissenschaftlicher Name   Regenjahr*   Trockenjahr*
Astephanus geminiflorus   4   -
Cordia decandra   3   -
Heliotropium stenophyllum   1, 3, 4   1, 4
Lobelia polyphylla   1, 2, 3, 4   1
Proustia cuneifolia   1, 4   1, 2, 4
Ephedra andina   3   3
Colliguaja odorifera   1, 2   1, 2
Adesmia microphylla   3, 4   -
Bridgesia incisifolia   4   1, 2, 3, 4
Lycium chilense   2   1, 2
Porlieria chilensis   2, 4   1, 2, 3, 4

* 1: Winter, 2: Frühling, 3: Sommer, 4: Herbst

 

Kräuter und Gräser:

Nativer und wissenschaftlicher Name   Regenjahr*   Trockenjahr*
Adiantum chilense   2, 4   -
Rhodophiala phycelloides   1, 2   -
Moscharia pinnatifida   2   -
Erodium sp.   1, 2   -
Nassella chilensis   1, 2, 3, 4   1, 2, 3, 4
Pleurophora pucilla   2   -
Oxalis carnosa   1, 2, 4   1
Alium laciniatum   2   -
Glandularia sulphurea   2   -

* 1: Winter, 2: Frühling, 3: Sommer, 4: Herbst

 

Sukkulenten:

Nativer und wissenschaftlicher Name   Regenjahr*   Trockenjahr*
Puya berteroniana   1, 2, 4   1, 2, 3, 4

* 1: Winter, 2: Frühling, 3: Sommer, 4: Herbst

 

Studie von Jiménez (1990)

Jiménez ermittelte von 1987 bis 1988 Futterpflanzen, die im Chinchilla National Reserve aufgenommen wurden. Die Ernährung variierte stark innerhalb den Jahreszeiten und Standorten. Es wurden zwischen 6 und 12 verschiedene Futterpflanzenarten identifiziert.

In einem Präferenztest bot Jiménez den Chinchillas zudem 31 Pflanzen an. 8 Sträucher, die in anderen Studien (Serra (1979) und Cortés et al. (2002)) als Futter dienten, wurden von den Tieren verschmäht, vom Rest der anderen 23 Pflanzenarten wurden 56,5% gefressen.

Am liebsten fraßen die Chinchillas Pasithaea coerulea und Nassella chilensis.

 

Studie von Mohlis (1983)

Nativer und wissenschaftlicher Name   gefressener Pflanzenteil   Jahreszeit*
Rumpiato (Bridgesia incisaefolia)   Samen   4
Carbonillo (Cordia decandra)   Samen   1,3,4
Renilla (Calandrinia grandiflora)   Blätter   2,3
Pingo pingo (Ephedra andina)   Stängel   1,2,3,4
Maravilla del Campo (Flourensia thurifera)   Blätter   3,4
Monte negro (Gutierrezia paniculata)   Blätter   1,3,4
Cebellin (Leucocoryne purpurea)   Blätter, Wurzeln   1,2
Pasto rey (Nasella chilensis)   Blätter, Stängel, Samen   1,2,3,4
Doradilla (Notholaena mollis)   Blätter   3,4
Gratitos (Opuntia spp.)   Wurzeln   1,3
Olivillo del Norte (Proustia baccharoides)   Blätter, Stängel   1,4
Cardon (Puya berteroniana)   Blätter   1,2,3,4
Quisco del cerro (Trichocereus chiloensis)   Wurzel

  1

Quiscaruo (Trichocereus coquimbensis)   Frucht                                      3,4

* 1: Winter, 2: Frühling, 3: Sommer, 4: Herbst

 

Studie von Serra (1979)

Nativer und wissenschaftlicher Name   Jahreszeit*
Michay (Berberis glomerata)   2
Rumpiato (Bridgesia incisifolia)   4
Carboncillo (Cordia decandra)   1,2,3,4
Para cimarrona (Dioscorea humifusa)   4
Pingo pingo (Ephedra chilensis)   4
Inciento (Flourensia thurifera)   1,4
Tupa (Lobelia polyphylla)   4
Atutemo (Llagunoa glandulosa)   1,2,4
Coironcillo (Nassella chilensis)   1,2,4
Dorodilla (Cheilanthes mollis)   3,4
Chuerco (Oxalis gigantea)   4
Proustia ilicifolia   3,4
Puya (Puya berteroniana)   1,2,3,4
Colihuillo (Jarava plumosula)   1,2,3,4
Copao (Echinopsis coquimbana)   3,4

* 1: Winter, 2: Frühling, 3: Sommer, 4: Herbst

 

Bilder aller ermittelten Futterpflanzen

Vielen Dank an www.chileflora.com für das Zur-Verfügung-Stellen der Bilder

  • Pleurophora pusilla - Kraut, Familie der Weiderichgewächse
  • Porlieria chilensis - Strauch, Familie der Jochblattgewächse:
  • Stipa plumosa / Jarava plumosula - Gras, Familie der Süßgräser:

Weitere mögliche Futterpflanzen

Im Gebiet des „Chinchilla National Reservat“ wachsen nicht nur Pflanzen, die in den Studien dokumentiert wurden, sondern noch einige mehr. Somit kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass sich wildlebende Chinchillas von der ein oder anderen im Folgendem aufgeführten Pflanze ernähren, nur weil sie in dieser Studie nicht eindeutig im Kot nachgewiesen werden konnten:


Quellen:

  • Cortés, A et al (2002): Seasonal food habits of the endangered long-tailed chinchilla (Chinchilla lanigera): the effect of precipitation. Mammalian Biology 67: 167-175.
  • Jiménez, J. (1990): Bases biológicas para la conservación y el manejo de la chinchilla chilena silvestre. Proyecto conservación de la chinchilla chilena (Chinchilla lanigera). CONAF-WWF 1297. Final Report, März 1987-Februar 1990. CONAF IV Región, Chile.
  • Mohlis, C. (1983): Información preliminar sobre la conservatión y manejo de la chinchilla silvestre en Chile. Boletín Técnico No. 3. Corporación Nacional Forestal, Santiago. 41 pp. - siehe unter wildchinchillas.org
  • Nazarit, C. (1912): El agotamiento de la chinchilla y de la algarrobilla. Boletín de bosques, pesca, y caza 1: 403-406.
  • Serra, M.T. (1979): Composición botánica y variación estacional de la alimentación de Chinchilla linigera en condiciones naturales. Ciencias Forestales 1(4): 11-18. - Abstract
  • http://www.chileflora.com/Florachilena/FloraEnglish/E_Las_Chinchillas.htm
  • http://www.degupedia.de/wiki/index.php?title=Nahrung_der_Wildchinchillas